Eine Tauchreise nach Ägypten mit lauter anderen, sehenden Taucherinnen und Tauchern machen? Ein bisschen mulmig war es Matthias Hecht, der eine Sehbehinderung hat, bei diesem Gedanken schon zumute. Doch dann entschied er sich, an einer Tauchsafari im Roten Meer teilzunehmen, und wurde belohnt: mit vielen Eindrücken von Riffen, Fischen und Korallen – und mit einem gestärkten Selbstbewusstsein.

Während meines Zivildiensts erhielt ich die Diagnose einer genetisch bedingten Netzhauterkrankung. Meine Sehschärfe würde sich dadurch auf ein Niveau nahe der Einstufung „gesetzlich blind“ reduzieren. Besonders hart traf mich die Aussage eines Arztes, dass ich aufgrund der Diagnose „ausgemustert“ werden könnte. Man überließ mir jedoch die Wahl, ob ich den Zivildienst fortführen wollte oder nicht. Ich führte ihn fort.
Auch mein Studium der Elektrotechnik beendete ich und hatte einen erfolgreichen Berufseinstig als Entwicklungsingenieur. In all den Jahren wurde ich stets selbstbewusster und offener im Umgang mit meiner Sehbehinderung. Dies überzeugte mich eines Tages, meinen Traum, die Welt unter Wasser zu entdecken, zu verwirklichen. Nach einigen Recherchen fand ich einen Tauchlehrer, der mir offen begegnete. Zufällig leitete er die Tauchschule in Lörrach, wo ich lebe. Tauchen bei ihm zu lernen, war für mich mit etwas Aufwand und Mühen möglich. Ich wurde sehr gut unterstützt, sei es durch eine Mitfahrgemeinschaft zum See, sei es beim Überprüfen der Ausrüstung vor dem Tauchgang.
Im Wasser zeigten mir die anderen Taucherinnen und Taucher Kommandos genau an und halfen mir auch bei den einzelnen Übungen, zum Beispiel dem Ausblasen der Tauchmaske. Das ist nötig, wenn sie sich mit Wasser gefüllt hat. Sicher war auch meine persönliche ruhige und bedachte Art hilfreich. Denn diese Eigenschaften sind für jeden unter Wasser eine große Hilfe.
Während meiner Tauch-Ausbildung schwärmten immer alle von den Schönheiten des Roten Meeres. Ich selbst traute mich zunächst nicht, mich für eine solche Reise anzumelden. Deswegen war ich überrascht, als der Leiter der Tauchschule mich fragte, ob ich auf die jährliche Tauchsafari der Tauchschule mitkommen wollte. Sie sollte nach Ägypten, zum Roten Meer, führen. Ich überlegte kurz. Die Mitreisenden kannte ich bereits und sie mich. Der Tauchlehrer hielt die Reise für absolut machbar für mich. Und so traf ich die rückblickend richtige Entscheidung, mich der Safari anzuschließen.
Rundum-sorglos-Paket
Im Vorfeld der Reise wurden meine Zweifel in Luft aufgelöst. Bei den Vorbereitungstreffen wurde ich gut aufgenommen. Ebenso beruhigte mich die Aussage eines Guides der Tauchsafari, dass bei einer Tour im Jahr zuvor ebenfalls ein erblindeter Mann dabei war. Die Guides leiten die unterschiedlichsten Tauchtouren. Unsere Tauchschule bucht die Tour stets bei den gleichen Guides, da sie die Tour gut organisieren und auf faire und angenehme Art durchführen.
Auch die Auffrischung meiner Taucherfahrung war eine gute Vorbereitung auf die Reise. Wir machten noch einmal einen Theorie-Kurs und ein paar Tauchgänge in Schweizer Seen.
Unterstützung vor allem für die An- und Abreise nach Hurghada in Ägypten erhielt ich durch einen Mitreisenden, der zufällig ein Freund war. Ich hatte ihn einige Jahre nicht mehr gesehen und nun wiedergetroffen. Wir hatten die gleichen Flüge. In Ägypten wurden wir am Flughafen abgeholt und alle Transfers für uns ohne weiteren Aufwand durchgeführt. Es war ein echtes Rundum-sorglos-Paket.
Die erste Nacht in Ägypten verbrachten wir Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Reise im Hafen, dann ging es auf ein Boot, unsere „Heimat“ für die vor uns liegende Woche auf dem Weg von Hurghada in Richtung Sinai-Halbinsel und zurück. Zu Beginn waren einige administrative Dinge zu erledigen und die eine oder andere Sicherheitsunterweisung stand an. Auch das gehört zu einer Tauchreise. Wer denkt, man schnallt sich einfach eine Flasche auf den Rücken und springt ins Wasser, lebt in einer Traumwelt.
Hilfsbereite Besatzung
Unser erster Tauchgang diente dem Guide dazu, uns zu beobachten und unsere Tauchfähigkeiten einzuschätzen. Jeder in der Gruppe war gut gerüstet, und weiteren Tauchgängen stand nichts mehr im Weg.
Wir waren rund 40 Personen auf dem Boot – mit Besatzung. Dadurch wurde es manchmal etwas eng. Vor allem beim Anlegen der Ausrüstung war es kuschelig. Dieses kleine Problem wurde durch die Aufteilung in drei Gruppen behoben. Die Besatzungsmitglieder waren sehr aufmerksam und hilfsbereit: Sie wussten nach ein paar Tauchgängen, wer sein Zeug wo abgelegt hatte, und reichten es den Taucherinnen und Tauchern an. Das ist keine Selbstverständlichkeit bei Tauchreisen in Ägypten. Wir haben uns auch alle gegenseitig geholfen.


Der Tag an Bord lief im Grunde immer gleich ab und war durchgetaktet. Gegen sechs Uhr standen wir auf, tranken Kaffee oder Wasser und tauchten ab zum ersten Tauchgang des Tages. Danach gab es Frühstück, und es folgte der zweite Tauchgang. Der Early Morning Dive, also der erste Tauchgang, war meistens auch der schönste: Wenn die Sonne aufgeht und der Tag beginnt, ist die Stimmung auf dem Meer echt toll.
Dann fuhren wir meistens zum nächsten Tauchplatz, wo es ein Mittagessen gab. Nach dem dritten Tauchgang nahmen wir einen Imbiss ein, um für den vierten Tauchgang bei Dunkelheit gerüstet zu sein. Zum Schluss gab es das wohlverdiente Abendessen. Das klingt nach einer Reise, auf der viel gegessen wurde, aber man kann gar nicht so viel essen, wie man in diesen Tagen Kalorien durch das Tauchen verbraucht.
Der perfekte „Dümpel-Taucher“
Bei den Tauchgängen gab es viel zu entdecken. Mal tauchten wir einfach auf einem Riff, das nächste Mal entlang einer Steilwand oder einem Wrack. Wir erkundeten viele unterschiedliche Sachen. Vor allem die Fische und Korallen in den unterschiedlichsten Farben, Krebse und vieles mehr faszinierten uns.
Ich konnte nicht jeden Tauchgang mitmachen, denn zum einen lässt meine Ausbildung nur Tauchgänge bis zu 20 Metern Tiefe zu. Zum anderen bin ich durch meine Sehbehinderung nachtblind, sodass Tauchgänge in der Dunkelheit oder an Wracks zu gefährlich gewesen wären. Aber mir wurde im Laufe der Reise attestiert, dass ich ein perfekter „Dümpel-Taucher“ sei: wie gemacht für das Genießen der Unterwasserwelt. Das ist auch meine Intention beim Tauchen: die Zeit unter Wasser genießen, einfach dahinschweben und mich treiben lassen.
Auftauchen vor Alpenpanorama
Wir hatten als Gruppe eine sehr schöne gemeinsame Zeit an Bord. Es war für alle eine Bereicherung und ein tolles Erlebnis. Mir hat die Reise gezeigt, dass es mit Unterstützung keine allzu großen Hürden und Hindernisse gibt. Die Bewunderung, die von allen Seiten an mich herangetragen wurde, hat mich bestätigt und darin gestärkt, mein Leben, so wie es ist, weiterzuleben.
Ich würde die Reise noch einmal machen. Im Moment sind die regelmäßigen Tauchausflüge zu Schweizer Seen eine schöne Auszeit vom Alltag. Auch wenn das Wasser dort deutlich kühler ist als im Roten Meer, ist der Blick beim Auftauchen mit den Alpen im Hintergrund wunderschön.
Schwerpunktthema: Wassersport
Ab in den Badeanzug, die Badehose, den Neoprenanzug oder einfach in T-Shirt und Shorts geschlüpft! Und dann auf ans Wasser: Windsurfen lernen an der Ostsee, Stand-up-Paddeln im See in der Nähe oder einfach mal wieder ins Schwimmbad gehen. Die Möglichkeiten, mit Wassersport in Bewegung zu bleiben, sind vielfältig. Im Schwerpunkt stellen wir einige von ihnen vor. Ein kleiner und ein großer Segler berichten von ihrem Hobby, und ein Taucher erinnert sich an seine Tauchsafari im Roten Meer.
- Ute Stephanie Mansion gibt einen Überblick, wie und wo blinde und sehbehinderte Menschen Wassersport treiben können. Also: "Surfen, paddeln, rudern: Los geht’s!"
- "Wenn’s spritzt und schaukelt", sind Robbie Sandberg und Fabio Tralles, zwei blinde Segler, mit Kielboot und Jolle unterwegs.
- Matthias Hecht ist sehbehindert auf Tauchsafari im Roten Meer. Er geht "Tauchen, um zu genießen"!