Europa: Europawahl: Das fordert der DBSV

Das Präsidium des DBSV hat Forderungen zur Europawahl aufgestellt, die es an die zukünftigen deutschen Abgeordneten richtet. Barrierefreiheit, Mobilität, Partizipation: Kein Bereich wird ausgeklammert, wenn die Politiker und Politikerinnen daran erinnert werden, sich für gleichberechtigte Teilhabe behinderter Menschen einzusetzen. Auch das autonome Fahren, also Fahren ohne Fahrer, wird in den Forderungen genannt.

Ein Blick von schräg oben auf das Europäische Parlament in Straßburg: Abgeordnete sitzen  an langen Tischreihen, die ein Halbrund bilden. Strahlenförmig  dazwischen verlaufen Gänge. Auf den Tischen liegen Unterlagen.
Bild: Diliff/Wikimedia

Bürgerinnen und Bürger der Europäischen Union sind aufgerufen, im Juni das Europäische Parlament zu wählen. Es werden 720 Sitze vergeben, darunter 96 Sitze für Abgeordnete aus Deutschland.

Der DBSV betont, dass das Europäische Parlament ein seit vielen Jahrzehnten starker Verbündeter für die Rechte von Menschen mit Behinderungen in Europa ist. Er zählt darauf, dass das neue Parlament in diese Fußstapfen treten wird. Ein Schlüssel dafür sei der siebenjährige Haushaltsrahmen (2028 bis 2034). Als Mitgesetzgeber werde das Parlament die Möglichkeit haben sicherzustellen, dass im Rahmen der neuen Finanzierungsinstrumente EU-Ausgaben tatsächlich zur Förderung der gleichberechtigten Teilhabe von Menschen mit Behinderungen und damit zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention genutzt werden.

Der DBSV stellt anlässlich der Europawahl 2024 Forderungen für die bis 2029 dauernde neue Legislaturperiode. Die Forderungen haben Eingang gefunden in die der Europäischen Blindenunion an das künftige Parlament. Sie werden hier zusammengefasst wiedergegeben. In vollständiger Länge finden Sie die Forderungen auf dieser DBSV-Website.

1. Engagement in der Disability Intergroup

Die Disability Intergroup ist eine fraktionsübergreifende Arbeitsgruppe des Parlaments, die sich für die Rechte von Menschen mit Behinderung einsetzt. Die deutsche Beteiligung in dieser Gruppe ist bisher gering. Der DBSV fordert die gewählten deutschen Mitglieder des Europaparlaments aller Fraktionen auf, sich in der Disability Intergroup aktiv zu engagieren.

2. Neue Dynamik gegen Diskriminierung

Vor über 15 Jahren schlug die Europäische Kommission die horizontale Antidiskriminierungsrichtlinie vor, um die Bürgerinnen und Bürger vor Diskriminierung zu schützen. Diese Richtlinie wird im Europäischen Rat blockiert. Von den neuen deutschen Abgeordneten erwartet der DBSV, dass sie sich für die Verabschiedung der horizontalen Antidiskriminierungsrichtlinie einsetzen oder, falls erforderlich, einen alternativen Richtlinienvorschlag unterstützen.

3. Barrierefreiheit als Schlüssel zur Teilhabe

Die dritte Forderung gilt der Barrierefreiheit, sowohl im digitalen Raum als auch bei der bebauten Umwelt, bei der Gestaltung von Produkten und Dienstleistungen und bei der Mobilität. Europa muss Motor für mehr Barrierefreiheit sein, lautet die zentrale Forderung. Der DBSV nennt dazu mehrere Punkte.

4. Gleichberechtigte und sichere Mobilität

Hinsichtlich diskriminierungsfreier Mobilität fordert der DBSV, dass die EU die Weichen für mehr Teilhabe stellen muss. Es solle ein Legislativvorschlag erarbeitet werden, um die Wahrnehmbarkeit von Elektro- und Hybridfahrzeugen weiter zu verbessern.

Ebenso werden die Abgeordneten aufgefordert, die Bedürfnisse von blinden und sehbehinderten Menschen bei rechtlichen Entwicklungen im Zusammenhang mit fahrerlosen Fahrzeugen frühzeitig zu berücksichtigen, auch als Nutzende.

Schließlich erwartet der DBSV von den neuen Abgeordneten des Europäischen Parlaments, dass sie sich bei der Aktualisierung der EU-Verordnung über Fahrgastrechte für die Belange von Menschen mit Behinderungen einsetzen.

5. Marrakesch-Vertrag

Aktuell wird der europäische Rechtsrahmen zur Umsetzung des Marrakesch-Vertrags auf einen möglichen Weiterentwicklungsbedarf hin überprüft. Der Vertrag von Marrakesch ermöglicht es autorisierten Einrichtungen, Sprachwerke, zum Beispiel Bücher, in einem barrierefreien Format zu produzieren und sie innerhalb der EU und weltweit mit anderen Vertragsstaaten blinden und sehbehinderten Menschen zur Verfügung zu stellen.

Die deutschen Abgeordneten sollen sich, so die Forderung, dafür einsetzen, dass in überarbeiteten Rechtsakten zum Vertrag von Marrakesch alle bisherigen Rechte für Menschen mit Behinderungen und autorisierte Einrichtungen zur Herstellung und Verbreitung zugänglicher Formate erhalten bleiben. Die Möglichkeit der Mitgliedstaaten, ein Entschädigungsrecht für Rechteinhaber vorzusehen solle gestrichen werden, da die autorisierten Einrichtungen die Entschädigungszahlungen nicht leisten könnten.

6. Inklusion in der europäischen Filmförderung

Eine weitere Forderung lautet: Die EU sollte finanzielle Förderungen für Produkte oder Dienstleistungen grundsätzlich daran knüpfen, dass sie inklusiv ausgerichtet und damit von Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt nutzbar sind. Das gilt auch für die europäische Filmförderung. Ziel müsse es sein, dass ähnlich wie in Deutschland alle geförderten Filme auch barrierefreie Filmfassungen wie Audiodeskription und Untertitelung haben müssen.

7. Brailleschrift stärken

In Bezug auf Brailleschrift fordert der DBSV die gewählten deutschen Abgeordneten des Europaparlaments auf, sich dafür einzusetzen, dass EU-Mittel in die Verbesserung der Kenntnis und Verfügbarkeit der Brailleschrift investiert werden.

8. Disability Mainstreaming

Der DBSV hat festgestellt, dass generell bei allen Gesetzesvorhaben und europäischen Initiativen gilt, dass die Situation von Menschen mit Behinderungen in vielen Politikfeldern oft nur unzureichend mitgedacht wird. Um gleichberechtigten Schutz ihrer Gesundheit und Selbstbestimmung sicherzustellen, fordert er darum, ein konsequentes ressortübergreifendes Disability Mainstreaming auf europäischer Ebene.

Abschließend heißt es in dem Forderungspapier: „Wir vertrauen darauf, dass die deutschen Abgeordneten eine aktive Rolle bei der Gestaltung und ambitionierten Verfolgung der Initiativen übernehmen, die sich aus der Behindertenrechtsstrategie 2021 bis 2030 ergeben.“

Europawahl 2024: Barrierefrei wählen

Rund 350 Millionen wahlberechtigte Bürgerinnen und Bürger der Europäischen Union sind bei der Europawahl im Juni 2024 aufgerufen, über die Zusammensetzung des zehnten Europaparlaments zu entscheiden. In Deutschland findet die Wahl am 9. Juni statt.

Alle blinden und sehbehinderten Wahlberechtigten können bei den Landesverbänden des DBSV eine Wahlschablone mit dazugehöriger Informations-CD anfordern. Den Mitgliedern der Landesverbände werden diese Unterlagen automatisch zugeschickt.

In die Wahlschablone sind Löcher eingestanzt, die den Kreisen zum Ankreuzen auf dem Stimmzettel entsprechen. Der offizielle Stimmzettel wird deckungsgleich in die Schablone eingelegt. Auf der CD kann man hören, an welcher Stelle welche Partei steht, und dann sein Kreuz setzen.

Zur Europawahl 2024 startet der DBSV ein Pilotprojekt. Erstmals besteht bundesweit die Möglichkeit, Informationen zu den Stimmzetteln auch barrierefrei im Internet und telefonisch zu erhalten, und zwar unter Tel.: 0800 / 00 09 67 10 (gebührenfrei) und auf www.dbsv.org/wahlen

Mehr Infos erteilt DBSV-Mitarbeiter Torsten Resa

  • Tel.: 0 30 / 28 53 87 - 281
  • E-Mail: t.resa@dbsv.org

Schwerpunktthema Europa

Wenn im Juni das Europäische Parlament gewählt wird, blicken sicher auch die neuen Mitglieder des Präsidiums der Europäischen Blindenunion (EBU) gespannt auf die Ergebnisse. Denn das Parlament und andere EU-Gremien müssen überzeugt werden, die Rechte von Menschen mit Behinderung in allen Bereichen zu beachten. Keine leichte Aufgabe, das wissen auch Wolfgang Angermann, ehemaliger Präsident der EBU, und Sabine Ström, frisch ins EBU-Präsidium gewählt.

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