„Meine Arbeit mit Braille“: So heißt die Reihe, mit der wir in diesem Jahr an das 200-jährige Bestehen der Brailleschrift erinnern. Der damals 16-jährige Schüler Louis Braille hat sie 1825 fertigentwickelt. In unserer Reihe berichten Menschen, wie sie beruflich oder ehrenamtlich mit der Brailleschrift arbeiten. Folge 3: Kirchenmusiker und Musiklehrer Michael Kuhlmann erklärt, warum die Braillenotenschrift für ihn unverzichtbar ist.

Ich bin von Geburt an blind und habe die Brailleschrift daher während meiner Schulausbildung an der Soester Blindenschule gelernt. Glücklicherweise bekam ich schon in jungen Jahren Klavierunterricht und hatte einen blinden Klavierlehrer. Er brachte mir mit der musikalischen Ausbildung auch die Braillenotenschrift bei, zumindest ansatzweise. Heute im Beruf als Kirchenmusiker und Musiklehrer ist die Braillenotenschrift für mich unverzichtbar.
Sämtliche Orgel- und Klavierwerke, die ich für meinen beruflichen Alltag brauche, lerne ich mit Hilfe der Braillenotenschrift, weil Musikstücke, besonders komplexere, meiner Meinung nach nicht nach Gehör gelernt werden können.
So wie sich mir ein Text durch Wörter und Zeichen erschließt, möchte ich Musik in Takten und Tönen kennenlernen und notengetreu interpretieren. Das ginge nur unzureichend nach Gehör. Im schlimmsten Fall lernt man die Fehler und Verspieler der Interpreten, die man als Lernquelle nutzt, mit.
Bei der Chorarbeit und dem Instrumentalunterricht braucht man eine Kommunikationsgrundlage mit den sehenden Schülern und Schülerinnen. Sämtliche musikalischen Absprachen werden beim gemeinsamen Musizieren anhand von Takten getroffen, zum Beispiel: „Spiel bitte noch mal ab Takt 25!“ Ohne Noten gäbe es für mich keine Orientierung im Musikstück, und folglich wäre es schwierig, bei der musikalischen Arbeit miteinander nur rein nach Gehör zu kommunizieren. Für Sehende ist es im Rahmen der Ausbildung selbstverständlich, Noten zu lernen – so wie Kinder in der Grundschule lesen und schreiben.
Wie und in welchem Umfang man im Laufe des Lebens beim Musizieren die Notenschrift verwendet, ist eine persönliche individuelle Entscheidung. Fest steht allerdings, dass wir mit der Braillenotenschrift ein vollwertiges Notensystem haben, mit dem sich fast alles, was man im musikalischen Alltag braucht, darstellen lässt. Außerdem ist es dank digitaler Errungenschaften heutzutage sehr einfach und kostengünstig, sich selbst Noten in Braille zu übertragen, die nicht bei den einschlägigen Verlagen käuflich zu erwerben sind.
Zusammenfassend ist zu sagen, dass die Braillenotenschrift für mich einen unverzichtbaren Beitrag zu Inklusion leistet. Ich kann auf ein großes Sortiment an Musikalien zurückgreifen, mir bei Bedarf selbst Musikstücke übertragen und sogar im Notentext persönliche Anpassungen in Form von Notizen vornehmen. Kurzum, dank der Braillenoten bin ich im musikalischen Sinne selbstständig.
Louis Braille hat aus seinem System der Punktschrift auch die nach ihm benannte Notenschrift entwickelt. Er war selbst als Organist tätig.
Wer mehr über die Braillenotenschrift erfahren möchte, findet unter folgendem Link weitere Informationen:
Schwerpunktthema: Braille 200: Die Braille-Worker
„Die Braille-Worker: Meine Arbeit mit Braille“: So heißt die Reihe, mit der wir in diesem Jahr an das 200-jährige Bestehen der Brailleschrift erinnern. Der damals 16-jährige Schüler Louis Braille hat sie 1825 fertigentwickelt. In unserer Reihe berichten Menschen, wie sie beruflich oder ehrenamtlich mit der Brailleschrift arbeiten.
- Folge 1: "Lernen und lehren mit Humor"
Braille-Lehrkräfte für Erwachsene ausbilden – eine DBSV-Mitarbeiterin erzählt von ihren Erfahrungen mit dem Projekt „Punktum“. - Folge 2: "Braille lernen lohnt sich!"
Vom Lernen, Punzieren und Korrekturlesen erzählt ein Mitarbeiter des Deutschen Zentrums für barrierefreies Lesen. - Folge 3: "Ohne Braillenoten keine Orientierung"
Warum die Braillenotenschrift für Kirchenmusiker und Musiklehrer Michael Kuhlmann unverzichtbar ist.