Braille200: Lernen und lehren mit Humor
Die Braille-Worker: Meine Arbeit mit Braille - Folge 1

· Sonja Schmidt

„Die Braille-Worker: Meine Arbeit mit Braille“: So heißt die Reihe, mit der wir in diesem Jahr an das 200-jährige Bestehen der Brailleschrift erinnern. Der damals 16-jährige Schüler Louis Braille hat sie 1825 fertigentwickelt. In unserer Reihe berichten Menschen, wie sie beruflich oder ehrenamtlich mit der Brailleschrift arbeiten. Folge 1: Braille-Lehrkräfte für Erwachsene ausbilden – eine DBSV-Mitarbeiterin erzählt von ihren Erfahrungen mit dem Projekt „Punktum“.

Sonja Schmidt hat schulterlanges, braunes Haar und steht an einem Tisch, auf dem Materialien zum Braillelernen liegen: Eierkartons und Unterlagen.
DBSV-Mitarbeiterin Sonja Schmidt gibt einen Braille-Kurs  ·  Bild: DBSV/Katerina Athanasiadou

Seit 2022 arbeite ich beim DBSV und habe das Glück, bei einem Projekt mit dem Titel „Punktum“ mitzuwirken: Es verhilft vielen erwachsenen Menschen, deren Sehvermögen nachlässt, zu mehr Selbstständigkeit im Alltag, indem sie die Brailleschrift lernen. Außerdem werden durch das Projekt in Deutschland immer mehr Menschen, die Braille schon beherrschen, zu Braille-Lehrkräften für Erwachsene ausgebildet.

In unseren einwöchigen Qualifizierungsseminaren lernen die angehenden Lehrkräfte alles rund ums Vermitteln der Brailleschrift. Auch psychologische Grundlagen des Unterrichtens sowie Didaktik und Informationen über die Lernfähigkeit im Alter stehen auf dem Programm.

Meine Arbeit ist spannend und erfüllend, weil ich mit vielen unterschiedlichen Menschen zusammenkomme und ständig neue Erfahrungen mache: Seminare müssen organisiert, Lernmaterialien erstellt und Aktivitäten anderer Mitwirkender am Projekt koordiniert werden.

So haben wir zum Beispiel die Entwicklung einer Software zum Braille-Lernen in Auftrag gegeben, und es war interessant für mich, die Entwicklung mitzuverfolgen und gemeinsam über Verbesserungsideen und Einsatzmöglichkeiten nachzudenken.

Drei Arten, Braille zu lernen

Jetzt können Erwachsene also auf verschiedene Arten Braille lernen: mit der Software, falls sie schon eine Braillezeile haben, oder mit unserem sehr umfangreichen und unterhaltsamen Kursmaterial, das die gesamte Braillevollschrift abdeckt und speziell auf die Bedürfnisse von Erwachsenen zugeschnitten ist. Oder sie lassen sich von einer der ausgebildeten Lehrkräfte unterrichten.

Es ist uns wichtig zu zeigen, dass das Erlernen von Braille nicht nur machbar ist, sondern sogar Spaß machen kann. Deshalb achten wir bei den Übungsinhalten darauf, dass sie abwechslungsreich, humorvoll und alltagstauglich sind.

Von der Küche bis zur Literatur – mit Braille kann man vieles selbstständig erledigen, und wer sich einmal darauf einlässt, merkt oft, dass Braille viele Möglichkeiten zur Selbstständigkeit eröffnet. Und selbst wenn man langsam liest oder der Tastsinn nicht mehr so ausgeprägt ist, wie man sich das wünscht, reicht es für die wichtigen Dinge. Der Einsatz moderner Technologien ändert nichts daran, dass Braille auch 200 Jahre nach seiner Erfindung eine große Bereicherung für blinde Menschen ist.

Vor allem finde ich es großartig, dass viele unserer Seminarteilnehmenden selbst blind sind – manche erst seit wenigen Jahren. Sie nutzen Braille täglich, meistern ihren Alltag damit und zeigen somit ihren (zukünftigen) Schülerinnen und Schülern, welch ein Gewinn das ist. Für mich ist es schön, mitzuerleben, wie sie zu Vorbildern werden, die andere inspirieren.

Weitere Seminare in 2025 geplant

Mehr als 60 Teilnehmende haben wir bereits ausgebildet, und da das Interesse und die Resonanz sehr groß waren, haben wir für dieses Jahr zwei weitere Seminare geplant.

Ein Highlight war für mich ein Seminar in Polen, das wir vergangenen Sommer für Reha-Lehrkräfte aus der Ukraine organisiert haben. Diese Menschen arbeiten mit Soldaten, die durch den Krieg ihr Augenlicht verloren haben. Wir haben im Seminar unseren Ansatz vorgestellt und uns viel über Braille-Unterricht in unseren jeweiligen Ländern ausgetauscht. Das Feedback war sehr positiv und ein paar Teilnehmende haben sogar unseren Punktum-Braillekurs ins Ukrainische übertragen.

DBSV-Mitarbeiterin Sonja Schmidt sitzt an einem Tisch, an dem drei weitere Personen sitzen. Auf dem Tisch liegen leere Eierkartons und Unterrichtsmaterialien zum Braillelernen.
Sonja Schmidt gibt ein Braille-Seminar  ·  Bild: DBSV/Katerina Athanasiadou

Für mich ist es eine Bereicherung, zu sehen, wie sehr sich die Menschen in unseren Seminaren weiterentwickeln. Das Projekt wächst, und ich freue mich darauf, dass wir noch viele Menschen auf diesem Weg begleiten können.

Besonders freut mich, dass immer wieder Menschen mit unterschiedlichsten Fragen zum Thema Braille auf mich zukommen. Ob Menschen Braille für sich selbst lernen möchten oder Lehrkräfte werden wollen, ich bin gerne Ansprechpartnerin.

Kontakt und weiterführende Informationen

Sonja Schmidt, Koordinatorin des Projekts „Punktum“

  • Telefon: 030 / 28 53 87 - 153
  • E-Mail: s.schmidt@dbsv.org

Infos zu „Punktum“, Lernmaterial zum Herunterladen sowie die Möglichkeit, eine Lehrkraft zu finden, gibt es online.

Zu weiteren Infos

Zurück

Weitere Beiträge

Louis Braille Festival 2024: Ein Ort, um Neues auszuprobieren

08.05.2024

Skateboard-Fahren, Fußball, Schießen, Musik und Foodtrucks: Was die Festivalgäste auf dem Berliner Platz erleben konnten.

Mehr zu: Louis Braille Festival 2024: Ein Ort, um Neues auszuprobieren

Format: Audio, Text / Schlagwort: DBSV, Freizeit, Kultur, Sport, Veranstaltung

Das Bild ist von hinten über die Schulter einer Frau mit dunklen, langen Haaren in weißem T-Shirt aufgenommen. Sie wirft vor einem ausgelassenen Publikum motiviert die Arme in die Höhe.

EUTB: Beratung auf Augenhöhe

12.12.2024

Behinderungen werfen viele Fragen auf  - diese beantworten Mitarbeitende der Ergänzenden unabhängigen Teilhabeberatung. Wie die Beraterinnen und Berater an rund 500 Standorten Menschen mit Behinderung unterstützen.

Mehr zu: EUTB: Beratung auf Augenhöhe

Format: Audio, Text / Schlagwort: Gesellschaft

Auf einer Couch sitzen eine Frau und ein Mann, beide etwa Anfang 30. Die Frau hat lange helle Haare, trägt eine Brille und Kreolen. Sie erzählt etwas, er sieht sie an. Vor ihnen sitzt ein Berater, von dem nur der Oberkörper von schräg hinten zu sehen ist.