
Das Bundesverkehrsministerium hat einen überarbeiteten Referentenentwurf zur Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung vorgelegt. Die ursprüngliche Verordnung, die seit 2019 regelt, unter welchen Bedingungen E-Scooter im Straßenverkehr genutzt werden dürfen, wird derzeit überarbeitet. Bereits im August 2024 hatten sich der DBSV und andere Verbände bei einer Anhörung mit Anmerkungen und Kritik eingebracht. Zudem wurde eine ausführliche Stellungnahme inklusive Forderungen zur Verbesserung veröffentlicht.
Laut DBSV-Justiziarin Christiane Möller seien zentrale Kritikpunkte in der nun veröffentlichten Fassung nicht berücksichtigt worden. Eine weitere Beteiligung der Verbände sei im weiteren Verfahren nicht vorgesehen. Die neue Fassung soll nach der Sommerpause dem Kabinett und dem Bundesrat zur Entscheidung vorgelegt werden.
Möller, in der Geschäftsführung des DBSV zuständig für Barrierefreiheit, kritisiert insbesondere die Regelungen zum Abstellen von E-Scootern und Fahrrädern auf Gehwegen sowie den Wegfall bestimmter Schutzvorgaben:
„Ein Beispiel ist das Abstellen von Fahrrädern und E-Scootern aus Verleihsystemen auf Gehwegen. Der Rechtsprechung folgend soll dieses als ‚Sondernutzung‘ eingestuft werden. Es bleibt demnach weiterhin den Städten überlassen, wie sie das dann ausgestalten – ob sie feste Abstellflächen einführen oder das Abstellen irgendwo auf dem Gehweg erlauben. Faktisch ändert sich damit für blinde und sehbehinderte Menschen rein gar nichts: Der Flickenteppich bleibt weiter bestehen und damit auch das Abstellchaos."
Der DBSV fordert, dass Leih-E-Scooter und -Fahrräder sowie privat genutzte E-Scooter und Lastenräder von den Gehwegen verwiesen werden und auf speziell für sie geschaffenen Flächen abgestellt werden müssen.
"Wenn es nach dem vorliegenden Entwurf der Verordnung geht", erklärt Möller: "sollen private Fahrräder und E-Scooter zukünftig auf Gehwegen parken dürfen, wenn dadurch andere nicht gefährdet oder behindert werden. Wir fordern, dass in der Straßenverkehrsordnung definiert wird, wo es gefährlich wird oder eine Behinderung vorliegt – nämlich insbesondere an Treppen, Eingängen, Engstellen und vor allem an und auf Blindenleitsystemen. Dass Fahrräder und E-Scooter dort nichts zu suchen haben, muss unmissverständlich klargestellt werden.
Massive Auswirkungen auf die Sicherheit des Fußverkehrs würde auch der Wegfall geltender Überholabstände haben. Bisher müssen E-Scooter beim Überholen mindestens eineinhalb Meter Abstand halten. Der Wegfall dieser Regelung würde die Unfallwahrscheinlichkeit erhöhen und blinde und sehbeeinträchtigte Menschen in ihrer alltäglichen Mobilität noch mehr verunsichern und gefährden.
Wer gegen die Regeln für E-Scooter verstößt, muss übrigens keine Angst vor Sanktionen haben, denn Bußgelder mit abschreckender Wirkung sind weiterhin nicht geplant. So soll beispielsweise das Fahren auf einer nicht zulässigen Verkehrsfläche mit Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmender lediglich mit 35 Euro bestraft werden.
Der letzte Mangel im neuen Entwurf, den ich nennen möchte: Auch in Zukunft soll es blinden und sehbehinderten Menschen, die über einen Leih-Scooter fallen, unmöglich gemacht werden, ihre Ansprüche rechtlich durchzusetzen – denn nach wie vor ist nicht vorgesehen, dass die Halter, also die Verleihunternehmen, für ihre E-Scooter haften.
Aus all diesen genannten Gründen darf der Bundesrat die Vorschläge aus dem Bundesverkehrsministerium nicht einfach durchwinken, sondern muss vielmehr energisch auf Nachbesserung bestehen. Die Sicherheit des Fußverkehrs und insbesondere die von blinden und sehbehinderten Menschen dürfen nicht weiter gefährdet werden. “
Der DBSV hat sich Anfang dieser Woche an das Bundesverkehrsministerium und die Landesverkehrsministerien gewandt und auf die eklatanten Mängel des neuen Referentenentwurfs hingewiesen.
Die Stellungnahme des DBSV mit weiteren Mängeln des Referentenentwurfes zur Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung ist online verfügbar.
Zur DBSV-Stellungnahme zur Elektrokleinsfahrzeuge-Verordnung