Bárbara Martín Muñoz hat sich einen Traum erfüllt: Die Spanierin lernte, Kastagnetten zu spielen. Sie trat damit sogar in der Carnegie Hall in New York auf, als sie noch gar nicht so lange spielte. Fingerfertigkeit und Taktgefühl sind nötig, um das kleine Perkussionsinstrument, das oft den Flamenco begleitet, zu beherrschen. Bárbara Martín Muñoz erzählt, warum Kastagnettenspielen sie glücklich macht.
Ich komme aus Granada (Spanien) und obwohl Flamenco und regionale Tänze nie mein Ding waren, habe ich Kastagnetten schon immer geliebt. Sie sind der Klang der Freude, und wenn ich eines bin, dann fröhlich.
Wer hätte gedacht, dass ich einmal in der Carnegie Hall in New York City Kastagnetten nach Noten spielen würde! Das Lied mit der Botschaft „Das Leben schenkt dir Überraschungen, Überraschungen schenken dir Leben“ war der Schlüssel, und die Person, die für dieses außergewöhnliche Erlebnis verantwortlich war, heißt Teresa Laiz, eine international bekannte Komponistin und virtuose Kastagnettenspielerin.
Vor einigen Jahren beschloss ich, Kastagnetten spielen zu lernen. Kastagnetten sind ein kleines Perkussionsinstrument, das normalerweise aus zwei mit einer Schnur verbundenen Holzstücken besteht, die an jedem Daumen befestigt werden. Kastagnetten sind weltweit bekannt, weil sie zum Flamencotanz gehören.
Ich recherchierte und stieß auf den Namen Teresa Laiz. Ich kontaktierte sie, weil ich das Kastagnettenspiel gern von Grund auf lernen wollte. Meine Sehbehinderung und die Tatsache, dass ich noch nie in meinem Leben eine Partitur für Kastagnetten gesehen und gespielt hatte, hielten sie nicht davon ab, mich zu ermutigen, es zu versuchen. Das tat ich. Und bis heute ist es eine der besten Entscheidungen, die ich je getroffen habe.
Zu glauben, Kastagnetten zu spielen sei einfach, ist eine Illusion, denn tatsächlich ist es schwierig, sie zu spielen. Man muss sehr beweglich in den Fingern beider Hände sein, seine Bewegungen koordinieren, mit Nuancen spielen, schnell, langsam und im Takt – und dabei auch die kostbaren stillen Momente des Spiels berücksichtigen.
Material beeinflusst den Klang
Es vergingen Monate, bis ich meine erste Carretilla, die berühmte Riá, spielen konnte. Carretilla bezeichnet eine schnelle Folge von Schlägen, meist mit rollendem Klang. Ebenso viel Zeit brauchte ich, um einen Weg zu finden, die Noten mit meinem schlechten Sehvermögen besser zu sehen. Doch dank Teresas Geduld als engagierte Lehrerin, meiner Entschlossenheit, stundenlangem Lernen, dem Anpassen der Noten und meiner Begeisterung ließen die Fortschritte nicht lange auf sich warten. Sie waren bei Weihnachts- und Jahresabschlusskonzerten auf der Bühne zu sehen und zu hören.
Jede Kastagnette hat ihren eigenen Klang: Die rechte ist hoch, die linke tief. Auch das Material, aus dem sie gefertigt sind, beeinflusst den Klang. Holz verleiht ihm einen wärmeren Klang, synthetische Materialien klingen künstlicher und Stoff weicher. Am liebsten mag ich Holzkastagnetten, da die Klangfülle je nach Holzart variiert und das Spiel bereichert. Die Wahl der Kastagnetten, die ich spiele, hängt vom jeweiligen Stück ab.
Kleines Instrument, große Wirkung
Im Jahr 2024 – ich war inzwischen Mitglied des Madrider Kastagnetten-Chors unter der Leitung von Teresa Laiz – ergab sich die Gelegenheit, in der Carnegie Hall in New York auf-zutreten. Ohne zu zögern nahm ich die Herausforderung an.
Ich erinnere mich noch, wie aufgeregt ich war, als ich an einem so prestigeträchtigen Ort den Klang der Kastagnetten hörte und das für mich so wichtige Licht spürte. Als ich die Bühne betrat, traute ich meinen Augen nicht. Das Licht war weiß, kraftvoll, gleichmäßig, ohne Schatten – unglaublich!
Als die Vorstellung zu Ende war, dachte ich für einen Sekundenbruchteil: „Wie hat mich das Leben nur hierher geführt, an diesen von Musikern so verehrten Ort, die davon träumen, hierherzukommen und es nie schaffen? Mama, das hier ist für dich!“ Auch sie mochte Kastagnetten. Ich werde mich immer an sie erinnern, und in diesem Moment größten Glücks tat ich es umso mehr.
Kastagnetten spielen macht mich glücklich und bereitet mir gute Laune. Ihr Klang macht Spaß und bringt Freude in jedes Stück, egal, ob Klassik, Flamenco, Jazz oder Pop. Ob sanft und langsam oder schnell und energisch gespielt: Ihre Klangfülle kann das Orchester begleiten oder als Soloinstrument herausragen. Das Kastagnettenspiel packt einen emotional, denn jede Berührung und jede Stille hat ihre Bedeutung und wird in das Stück integriert, das so interpretiert wird, als wäre es von Anfang an so konzipiert gewesen.
Das Leben entschied sich erneut, zufällig oder absichtlich, mich zu überraschen und bot mir Ende Juni vergangenen Jahres die Chance, noch einmal in der Carnegie Hall aufzutreten. Ich flog hin. Eröffnet wurde mir diese Chance durch Teresa Laiz, die dem spanischen Blindenverband ONCE eine ihrer Kastagnetten-Kompositionen schenkte, damit sie erstmals in Brailleschrift transkribiert werden konnte.
Man sagt, dass Fortsetzungen nie gut sind. Doch dies war keine Fortsetzung von irgendetwas, weder was die beteiligten Personen, noch was unsere Aufführungen oder meine Herangehensweise anging. Ein weiteres Jahr Erfahrung und die Rückkehr auf die Bühne gaben mir trotz der größeren Verantwortung, die damit einherging, viel Seelenfrieden.
Überraschende Ergebnisse
Man weiß nie, was das Leben bringt, aber so wie die Dinge heute stehen, rechne ich nicht damit, dass mich das Glück ein drittes Mal nach New York führen wird. Was mir jedoch niemand nehmen kann, ist der Stolz, in der Carnegie Hall meine fröhlichen Holzkastagnetten gespielt zu haben. Und damit ist wieder einmal bewiesen: Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Auch wenn geringes Sehvermögen nicht gerade hilfreich ist, sollte es einen nicht davon abhalten, das zu tun, was man liebt, besonders, wenn es um Musik geht.
Geige, Klavier oder Gitarre klingen sowohl solo als auch im Orchester wunderbar, doch in Kombination mit Konzertkastagnetten ist das Ergebnis noch einmal anders: eindrucksvoll, überraschend, aufregend. Man mag sie mögen oder nicht, aber man sollte sie nicht vorschnell beurteilen. Denn das würde bedeuten, unbekannte Gefühle nicht zuzulassen, die die Kastagnetten hervorrufen können. Und das wäre schade.
Es ist nun fast fünf Jahre her, dass ich angefangen habe, Kastagnetten zu spielen. Es gibt bereits 40 Stücke, fast alle von Teresa Laiz komponiert, die ich mit meinen adaptierten Partituren spielen kann und die aus verschiedenen Genres stammen: Weihnachtslieder, spanische und italienische Popmusik, Flamenco und klassische Musik. Ich bin überzeugt, dass Mozart, Bach, Vivaldi, Schostakowitsch, Brahms, Boccherini und viele andere positiv überrascht wären, wenn sie ihre Meisterwerke mit Kastagnetten gespielt hören würden.
„Viva La Sicilia“ und Vivaldi
Jedes Stück ist anders, aber wenn ich drei auswählen müsste, wären es: die Tarantella „Viva La Sicilia“, weil es das erste Stück war, das ich gelernt habe. Dann das Violinkonzert in A-Moll, op. 3, Nr. 6, I Allegro von Vivaldi, weil es ein sehr zartes und komplexes Werk ist, das ich allein gespielt habe. Und schließlich das Weihnachtslied „Una pandereta suena“, eine beliebte spanische Version von „Jingle Bells“. Ich habe es mit Maestra Teresa Laiz ohne Partitur aufgeführt, als wäre es ein fröhliches Kinderspiel, bei dem in die Hände geklatscht wird.
Es leben die Konzertkastagnetten!