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Interview mit Coachin Miriam Leipold anhören:
Warum ist es oft so schwer, ein Ziel zu erreichen? Vielleicht weil es nicht präzise genug formuliert ist und wir auch sonst eher darauf zuwurschteln, als es vor und während der Umsetzung auf bestimmte Kriterien abzuklopfen. Die Methode SMART kann helfen, ein konkretes, erreichbares Ziel ins Auge zu fassen und am Ende froh zu sagen: Geschafft!

Alle verfolgen Ziele: Regierungen, Unternehmen, Vereine und auch Individuen. Am Anfang des Jahres sprechen wir gern von „guten Vorsätzen“, doch eigentlich gibt es immer Ziele, die wir erreichen möchten. „Ziele sind für uns Menschen generell wichtig, weil wir einen Kompass brauchen, eine Richtung, in die es gehen kann“, sagt die Sozialpädagogin Miriam Leipold, die als Coachin auch mit sehbehinderten und blinden Menschen arbeitet und selbst blind ist. „Untätigkeit ist für uns schlimm. Indem wir uns Ziele setzen, die für uns realistisch sind, helfen wir uns selbst, im Alltag voranzukommen und auf Spur zu bleiben.“
Oft bleiben Ziele jedoch in weiter Ferne und werden nicht erreicht – oder nur teilweise. Dabei gibt es Methoden, die uns unseren Zielen näherbringen und das eine oder andere sogar verwirklichen helfen.
Die SMART-Methode
Eine dieser Methoden heißt SMART. Der Begriff heißt zu Deutsch „schlau“, „clever“ und lässt sich leicht merken. Er ist jedoch auch ein Akronym: Jeder Buchstabe steht für eine Eigenschaft, die das Ziel haben sollte. Praktischerweise hat man im Deutschen Wörter gefunden, die dem Sinn nach den ursprünglich englischen Eigenschaftsbegriffen nahekommen und ebenfalls das Wort „Smart“ ergeben. Diese Begriffe sind:
- spezifisch
- messbar
- attraktiv
- realistisch
- terminiert.
So also sollten Ziele sein.
Schauen wir uns die SMART-Methode an einem Beispiel an. Was könnte ein Ziel für jemanden sein, dessen Augen allmählich schlechter sehen? Ein Ziel könnte sein, die Brailleschrift zu lernen, ein anderes, sich mit einem Langstock gut orientieren zu können. Das klingt beides noch sehr weit gefasst. Das Ziel soll aber spezifisch sein, also könnte es lauten: „Ich möchte mit meinem Langstock und ohne fremde Hilfe mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu meiner Tochter fahren können.“
Ist das Ziel messbar? Ja, auch wenn es nicht quantifizierbar ist. Aber wenn die Person, die sich dieses Ziel gesetzt hat, das Haus der Tochter erreicht, ohne viel länger für den Weg zu brauchen als vorher, ist dies das messbare Ziel.
Attraktiv ist es für die Person ebenfalls, denn sie möchte ihre Tochter ja weiterhin besuchen. Die intrinsische, also innere Motivation, das Ziel zu erreichen, ist wahrscheinlich hoch.
Das Ziel ist auch realistisch, sofern der Weg nicht voller Gefahren steckt, die auch noch dauernd die Gestalt wechseln. Baustellen, die ständig an einem anderen Abschnitt der Strecke auftauchen, machen es für einen Langstock-Anfänger vielleicht unrealistisch, ohne fremde Hilfe ans Ziel zu gelangen.
Terminiert werden kann das Ziel, indem sich die Person, die es ins Auge fasst, einen Zeitpunkt ausguckt, bis zu dem sie es erreicht haben möchte. Hat das Mobilitätstraining bereits begonnen, könnte zum Beispiel ein Zeitraum von zwei, drei Monaten geplant werden, um das Ziel – die eigenständige Fahrt zur Tochter – zu erreichen. Wer noch kein Mobilitätstraining beantragt hat, könnte sich – ebenfalls mit der SMART-Methode – vornehmen, sich darum zu kümmern.
Kritik an der Methode
Die SMART-Methode stammt aus dem Projektmanagement – entwickelt wurde sie von dem Ökonom Peter Drucker. Es gibt auch Kritik an der Methode. Für Unternehmen soll sie nicht in jedem Fall zielführend sein. Sie passt zudem nicht zu jedem Ziel. Sind zu viele Unwägbarkeiten im Spiel, wird sie nicht fruchten. Bei einem gemeinsamen Ziel mehrerer Personen ist die Frage, ob alle das Ziel verfolgen, weil sie es wollen oder weil sie es müssen. Ist das Ziel nicht für alle gleich attraktiv, werden auch nicht alle gleich viel Energie investieren, um es zu verwirklichen. Allerdings taucht Attraktivität bei den englischen Begriffen auch nicht auf. Dort steht das A für „achievable“, also „erreichbar“.
Coachin Miriam Leipold sieht bei diesem Punkt eine Schwäche der SMART-Methode. „Mir persönlich fehlt bei dieser Methode ein bisschen das Emotionale“, erklärt sie. „Wenn eine Methode auch den emotionalen Faktor berücksichtigt und wir uns dem Ziel verbunden fühlen, fällt es uns oft leichter, es umzusetzen.“ Die SMART-Methode könne hilfreich sein für alle, die gern strukturiert etwas angehen möchten, sagt Miriam Leipold.
Wer sich nicht allzu komplexe und realistische Ziele vorgenommen hat, kann es also einmal mit der SMART-Methode probieren. Die einzelnen Schritte lassen sich konkret benennen und hin und wieder kann geprüft werden, wie weit man sich dem Ziel genähert hat.