Ob fehlende Alternativtexte zu Bildern oder schlechte Kontraste der Schrift – überall im Internet stoßen blinde und sehbehinderte Menschen auf digitale Barrieren. Obwohl öffentliche Stellen gesetzlich dazu verpflichtet sind, ihre Webseiten und Apps barrierefrei zu gestalten, wird dies häufig nicht umgesetzt. Nutzerinnen und Nutzer können digitale Barrieren in einem geregelten Verfahren melden und ihre Beseitigung einfordern.
Zu Barrierefreiheit verpflichtet
Öffentliche Stellen wie Behörden, Hochschulen, Krankenkassen oder Gerichte sind per Gesetz dazu verpflichtet, ihre Webseiten und Apps barrierefrei zu gestalten. Diese Verpflichtung schließt digitale Dokumente, zum Beispiel PDF, und Medieninhalte wie Videos oder Grafiken ein, die auf den Webseiten und Apps veröffentlicht sind. Erfasst sind auch Webseiten und Apps im Intranet, zum Beispiel Campusmanagementsysteme an Hochschulen.
Trotzdem gibt es zahllose digitale Barrieren wie Bilder, die keinen Alternativtext haben. Webseiten oder Apps, die sich nicht durch die Tastatur oder Gesten bedienen lassen. Videos ohne Untertitel oder hörbaren Text. Fehlende Kontraste. So bleiben blinden und sehbehinderten Nutzerinnen und Nutzern manche Informationen und Funktionen unzugänglich.
Dagegen kann vorgegangen werden
Gegen digitale Barrieren öffentlicher Stellen können Betroffene etwas tun: Sie können die Barriere melden und deren Beseitigung einfordern. Unsicherheit sorgt jedoch häufig dafür, dass sie diesen Schritt nicht gehen. Was ist wirklich eine Barriere? Ist das Verfahren zum Barrieren-Melden kompliziert? Im Folgenden wird aufgezeigt, welche drei Schritte notwendig sind, um eine Barriere zu melden und welche digitalen Barrieren am häufigsten vorkommen.
- Schritt 1: Erklärung zur Barrierefreiheit lesen: Öffentliche Stellen müssen eine sogenannte Erklärung zur Barrierefreiheit für ihre Webseiten und Apps veröffentlichen. Diese muss leicht auffindbar sein und unter anderem einen Kontakt enthalten. Sollte die Erklärung zur Barrierefreiheit fehlen, empfiehlt es sich, sich über das Impressum an die entsprechende Stelle zu wenden und sowohl auf die digitale Barriere als
auch auf das Fehlen der Erklärung hinzuweisen. - Schritt 2: Bei der öffentlichen Stelle beschweren: Um eine digitale Barriere zu melden, ist weder technisches noch juristisches Fachwissen nötig. Es genügt, das Problem zu beschreiben, an den gefundenen Kontakt zu schicken und dazu aufzufordern, die Barriere zu beheben. Die öffentliche Stelle muss in einer vorgegebenen Frist antworten. Diese Fristen sind in Bund und Ländern unterschiedlich geregelt.
- Schritt 3: Bei der zuständigen Durchsetzungsstelle beschweren: Wer bei der öffentlichen Stelle selbst nicht weiterkommt, kann sich an eine der Durchsetzungsstellen auf Bundes- oder Landesebene wenden. Der Kontakt zur zuständigen Durchsetzungsstelle ist in der Erklärung zur Barrierefreiheit angegeben. Diese Durchsetzungsstelle
nimmt sich dann der Sache an und prüft, ob ein Verstoß gegen die Barrierefreiheit vorliegt. Ist dies der Fall, geht sie in die Auseinandersetzung mit der öffentlichen Stelle und fordert die Behebung der digitalen Barriere.
Hinweis: Die Durchsetzungsstellen haben keine Möglichkeit, Sanktionen zu verhängen. Doch jede gemeldete Barriere wird statistisch erhoben und kann Ausgangspunkt für eine Klage sein. Je mehr Barrieren also gemeldet werden, desto mehr Druck entsteht auf die öffentlichen Stellen.
Was ist eine digitale Barriere?
Digitale Barrieren im Sinne des Gesetzes liegen in der Regel dann vor, wenn die Webseiten und Apps öffentlicher Stellen nicht den EU-Standard zu digitaler Barrierefreiheit „EN 301549“ erfüllen bzw. nicht die jeweils gültige Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung von Bund oder Land umsetzen. Nicht alles, was die Zugänglichkeit und Nutzbarkeit behindert, ist somit auch eine digitale Barriere im Sinne des Gesetzes. Das sollte niemanden von einer Meldung abschrecken. Im schlimmsten Fall wird mitgeteilt, dass es keine digitale Barriere im Sinne des Gesetzes ist. Im besten Fall berücksichtigt die öffentliche Stelle die Schwierigkeiten unabhängig von der gesetzlichen Vorgabe und verbessert die Nutzbarkeit der Webseite bzw. App.
Zu den häufig vorkommenden Barrieren zählen:
- fehlende Alternativtexte
- Bedienbarkeit über Tastatur oder Gesten funktioniert nicht
- zu geringe Kontraste zwischen Hintergrund und Schrift
- keine Untertitelung
- kein hörbarer Text bei Videos
- Überschriften sind nicht vorhanden oder sind falsch geschachtelt, zum Beispiel, wenn auf Überschriftebene 1 Überschriftebene 3 folgt
Workshops zum Melden digitaler Barrieren
Der DBSV bietet in seinem Projekt „Durchsetzungsbegleitung digitaler Barrierefreiheit“ auch virtuelle Workshops an, in denen ausführlich erläutert wird, wie Barrieren auf Webseiten öffentlicher Anbieter mittels eingesetzter Hilfstechnologien entdeckt, beschrieben und schließlich gemeldet werden können. Wissenswertes zu rechtlichen Gegebenheiten und Schritten zur Durchsetzung wird anhand von Beispielen sowie durch bereits gemachte Erfahrungen in der Praxis veranschaulicht.